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"Containertagebuch 7"

Berichte
des Norderstedter Hausarztes
Ernst Soldan über seine Arbeit
mit Geflüchteten und Obdachlosen

   
   
   
       
   

Hamburger Flüchtlingsaufnahme in den Medien (soweit Ernst Soldan drin vorkommt):

Hamburger Abendblatt, Einstieg (nur wg. Bild)
Hamburger Morgenpost, Text und Bilder

   
         
 

25.11.2015

Die gefühlte Temperatur liegt etwas unter, die gemessene etwas über dem Gefrierpunkt. Jedenfalls wird’s im Container trotz der Elektroheizung längere Zeit nicht richtig warm, außerdem isses feucht, so dass mir kein besseres Selfie gelingt als das hier, schon nachbearbeitet.

   
       
  Das Raumklima ändert sich schlagartig Richtung Subtropen, als nahezu gleichzeitig vier Afghanen, nämlich Kind=Patient, Mutter, Vater plus Dari-Bröselenglisch-Dolmetscher sowie zwei Praktikant/inn/en einer Hamburger Krankenpflegeschule hereinstürmen. Letzere sind sehr interessiert und helfen zumindestens als Türöffner/Schliesser und Krankenwageneinweiser bzw. schaffen das Kunststück, in diesem kleinen Raum nicht im Weg herum zu stehen. Mehr kann man von Auszubildenden im 1. Jahr, die mit einer solchen Situation noch nie konfrontiert waren, wirklich nicht erwarten.    
         
    Inzwischen ist ja schon von einem Umzug nächste Woche die Rede, ins gegenüber liegende Bieberhaus, benannt nach Dr. Theodor August Bieber, dem Direktor einer "Jungenschule", die sich vor dem Baubeginn 1908 auf diesem Gelände befand. Dort stehen Räume leer, und wir hätten Platz in Hülle und Fülle. Allein, ich glaub’s erst wenn wir drin sind – die Stadt warnt immer wieder vor "Parallelstrukturen" über die sie keine oder nur eine sehr eingeschränkte Kontrolle hat (sie könnte uns ggf. noch ein Bein stellen), und das gesamte Flüchtlingshilfesystem der Ehrenamtlichen am Hauptbahnhof ist eine solche. Aber eine, deren Notwendigkeit derzeit auch die Stadt einsieht.    
         
    Ein Hoch an dieser Stelle an alle Hamburger Rettungswagenfahrer und Krankenhausmitarbeiter, die uns immer wieder Patienten in vermuteten oder tatsächlichen Notfallsituationen abnehmen, in Kenntnis, dass es dafür in der Regel keine Kohle gibt. So hab ich letzte Woche ein Kind mit einer komplizierten Vereiterung eingewiesen (nach Vorankündigung im entsprechenden Krankenhaus), das dort nicht nur operiert, sondern mitsamt Mutter auch noch mehrere Tage dabehalten wurde, vermutlich länger als ein hier sesshaftes Kind, das man nach einem Tag heimgeschickt hätte mit der Aufforderung an die Eltern, regelmäßig zur Wundkontrolle vorbei zu schauen. Denn bei dem Flüchtlingskind war dem Krankenhausteam klar, dass die Chancen einer unproblematischen Wundheilung in einer Massenunterkunft/Zelt sehr viel schlechter gewesen wären, als in einem Krankenhauszimmer. So konnte die Familie nach einigen Tagen wohlbehalten die Weiterreise antreten.    
         
   

Abends findet wieder eine Fortbildungsveranstaltung der Hamburger Ärztekammer statt zum Thema Flüchtlingsversorgung. Nicht nur die Themen sind interessant, sondern es ist für mich auch eine gute Möglichkeit, unsere Arbeit am Hauptbahnhof bekannt zu machen mit dem willkommenen Nebeneffekt, dass sich Kolleg/inn/en bei mir melden und mitmachen wollen.
Gestern Abend waren es zwei.

   
       
    Bis demnächst !    
         
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Letzte Änderung:
31/12/17


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