Zur Startseite |
|
"Containertagebuch 8"
Berichte |
||
|
||||
Inzwischen (Stand 26.11.) pfeifen es nicht nur die Spatzen von
den Dächern, sondern auch der NDR, dass wir ins Bieberhaus umziehen: Klick hier! |
||||
27.11. |
Eine Freundin mit arabischer Muttersprache hilft mir heut bei
den Syrern und Irakern, bei den Afghanen müssen wir improvisieren. |
|||
Gut, er hat also kein
Fieber. Ich nähere mich mit Lampe und Mundspatel, im Regelfall macht er dann den Mund weit auf, sogar Kinder tun das. Ggf. streck ich ihm die Zunge raus, das macht er nach. Manchmal ist der Rachen gerötet, oft nicht – interessanterweise hab ich seit Beginn meiner Containerkarriere noch keine vereiterten Mandeln gesehen. Ich drücke auf Nasennebenhöhlen, später (vorsichtig) auf die Augäpfel, bei geschlossenen Augen. "Dar mikoneh ?" Tut’s da weh ? Tut es meistens nicht. Ich zeige ihm das Stethoskop, sag dass ich ihn abhören will (auf Deutsch, einfach damit er das Gefühl hat dass man mit ihm redet) und deute das Anheben der Oberbekleidung an. Das dauert ein bissl, denn es sind im Regelfall mehrere Schichten. |
||||
Ich hör ihn ab, sag vielleicht "nafas" (Atmen oder Atmung,
ähnlich wie das türkische "nefes") oder atme selber etwas tiefer, damit
er das nachmacht. Wenn ich fertig bis: "Tashakor", danke (bei Arabern:
"Shukran"). |
||||
Meine Praxiskollegin meinte, das hier sei "Dritte-Welt-Medizin". Da hat sie wohl Recht. Aber ich denke, viel mehr braucht es in dieser Situation auch nicht, schließlich sind die meisten Leute auf dem Sprung. Und man muss halt auseinander halten, wann wird’s gefährlich, bzw. wann muss der Mensch zumindest im Krankenhaus vorgestellt werden. Wobei ich da bei Kindern schneller dabei bin als bei Erwachsenen, bei Schwangeren sowieso, und die meisten das auch akzeptieren, natürlich nur mit ausreichender Erklärung (das geht dann nur mit gescheiten Dolmetschern, zur Not am Telefon). | ||||
Wie zum Beispiel bei dem jungen Syrer mit Nierensteinen. Er
wusste, dass er welche hatte, da in der Türkei schon mal damit
behandelt. Und ich weiß, dass es tierische Schmerzen sind, die mit
einer Diclofenac-Spritze oder Tramadol-Tabletten nicht hinreichend
weggehen. Aber seine beiden Kumpels wollten unbedingt mit ihm weiter,
in ein ostdeutsches Aufnahmelager, weil dort schon Angehörige warten. |
||||
Mein Wochenende ist normalerweise "flüchtlingsfrei", wenn nicht grad eine Demo zu dem Thema ist. Oder, wie jetzt grad, eine Fortbildung, mit dem Titel "Flüchtlingsmedizin". über 200 Leute sind da, der alte Hörsaal des "Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin" ist proppevoll. Die meisten, zum Teil von weit angereist, betreuen Erstaufnahmeeinrichtungen, zum Teil bezahlt, zum Teil ehrenamtlich. Ich hab ein bisslwas protokolliert – wen’s interessiert, kann mich anmailen.* | ||||
… | ||||
Bis demnächst ! | ||||
* Das Protokoll eignet sich wohl ausschließlich für Mediziner. ABer vielleicht kann man’s ja an einen weitergeben, der im Flüchtlingsbereich tätig ist. Weil wir ES’s eMail-Adresse nicht zeigen wollen, gibt es dieses Protokoll als PDF ——> Klick hier! |
||||
Red. | ||||
Der Soldan-Bericht 8 als PDF zum Download: ——> | Klick hier! | |||
|
||||
Letzte Änderung: 31/12/17 |
|