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"Containertagebuch 20"

Berichte
des Norderstedter Hausarztes
Ernst Soldan über seine Arbeit
mit Geflüchteten und Obdachlosen

   
   
   
3.2.2016  

Ein Norderstedter hat mir eine Bargeldspende in die Hand gedrückt, „für Ihren Laden“. Die kam heute einer Frau zugute, deren Kopf schon blutig gekratzt war, und nicht nur ihr – ein kleiner Vorrat an Läusemitteln kann nichts schaden.

   
         
   

Personell sind wir heute gut dabei; Zarife ist unterwegs, aber dafür haben wir eine frischgebackene Hamburger Ärztin, die erstmal „mitläuft“, sowie einen syrischen und eine afghanische Assistentin.
Die erkennt auch schneller als ich, warum der alleinreisende Bub, der zu seinem Onkel nach Schweden will (trotz der aktuellen Grenzschikanen mit gewissen Einreisechancen, als Minderjähriger) seine Magenbeschwerden immer abends hat: Wo er herkommt, gibt’s keine Schokolade und ähnliches, hier haut er sich die Betthupferl rein bis nix mehr geht. Dann legt er sich hin, und die Magensäure kommt hoch …
Wir versuchen, ihm das Problem zu erklären, und das wird schwierig. Schon auf die Frage, wie alt er ist, antwortet er mit drei“. Nicht um uns zu täuschen, sondern weil es für den etwa Zwölfjährigen und andere aus seinem Kulturkreis oft keine Rolle spielt – ich kenne das von meinem Krankenhauspraktikum in Tansania, wo auf den meisten Krankenblättern Age: adult stand. Wahrscheinlich hat er auch jahrelang keine Schule mehr gesehen.

   
         
   

Der nächste, ein junger Syrer, möchte eine Vitaminspritze. Im Gegensatz zu meistens haben wir sogar eine, aber ich will schon den Grund wissen. Nach einer Weile kommt heraus, dass er in den Füßen mal Schmerzen hat und sie dann wieder gar nicht spürt. Offensichtliche Ursache: Er war drei Monate in einem Assad-Knast, wo er in einer engen Zelle auf dem Boden hocken musste – da kann man schon Nervenschäden und dauerhaft Missempfindungen in den Beinen bekommen. Und dagegen kann Vitamin B12 vorübergehend helfen.

Danach bin ich froh, bald Feierabend zu haben.

   
         
   

Wer ein bissl Geld übrig hat, kann das an den Paritätischen Wohlfahrtsverband, Stichwort Flüchtlingshilfe,
IBAN DE07 2512 0510 0007 4018 00, Bank für Sozialwirtschaft, spenden.

Der gibt das direkt für die Tagesaufenthaltsstättte Bieberhaus für Transitflüchtlinge aus, für die vier Festangestellten (nicht für mich, ich krieg ja meine Rente), für die erheblichen Infrastrukturausgaben und last not least für die Medikamente in unserer Medizinstation.
Ausnahme: Sie/Ihr habt das Geld schon für „eigene“ Flüchtlinge verplant, die Ihr betreut – denen will ich ja nix wegnehmen.

   
       
    Bis demnächst !    
         
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Letzte Änderung:
31/12/17


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