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"Containertagebuch 24"

Berichte
des Norderstedter Hausarztes
Ernst Soldan über seine Arbeit
mit Geflüchteten und Obdachlosen

   
   
   
2.3.2016  

Den anfänglichen Leerlauf nutze ich für meine Spickzettelsammlung, da der alte vollgeschrieben ist, und ich aktuell von zwei Dolmetschern, d. h. Farsi und Arabisch (rechter Zettel), unterstützt werde.

   
   
   

 

   
   
   

Es wär’ doch gelacht, wenn wir die Wand nicht zugeklebt bekommen … Und nachdem die ersten Patienten eingetrudelt sind, sieht man auch dem Schreibtisch an, dass hier gearbeitet wird.

   

   
   

Eine Mutter von fünf Kindern überrascht mich mal wieder. Dass Menschen ihre Niere gespendet haben, um die Reise finanziert zu bekommen, war ja hier schon Thema. Aber diese Frau hat das umgekehrte Problem: „Sie fragt nach einer Nierentransplantation“, übersetzt der Dolmetscher.

Es stellt sich heraus, dass die Mutter verzweifelt ist, weil (die Familie ist bereits registriert und krankenversichert) zwei ihrer Kinder in der Uniklinik liegen und einen wohl ererbten Nierenschaden haben, das eine, wie ich bei meinem Anruf auf der Station feststelle, hängt bereits an der Dialyse.
Allerdings beteuert die Krankenschwester auch, dass wirklich alles für die Familie getan wird, was in dieser Situation geht – ich lass’ das der Mutter übersetzen, und sie ist tatsächlich etwas beruhigt und bedankt sich für die Beratung.

Nachdem die Mutter gegangen ist, gestalte ich kurzfristig unseren Schrank um, im Gefühlswechselbad zwischen Situationskomik und Mitleid mit der geplagten Frau.
   
       
         
    Der nächste Patient – ein Syrer – hat auf seinem behaarten Schädel eine münzgroße verkrustete Wunde, ohne dass er sich an einen Unfall erinnert. Ob er hier bleiben will, ist noch nicht klar. Die Wunde sieht nicht entzündet aus, die Kruste bedeutet erstmal einen gewissen Infektionsschutz, und ich entschließe mich, das Ganze so zu lassen. Wobei es wahrscheinlich eine kutane Leishmaniose ist, auch Aleppo-Beule genannt, also eine Parasiteninfektion, die von allein wieder weggeht. Und man kriegt es nur einmal im Leben. Der Mann kriegt das ausführlich erklärt und bekommt einen Dokumentationszettel mit, dass er das vom nächsten Arzt kontrollieren lassen soll.    
         
4.3.2016  

Läusealarm! Und Krätze dazu.

Da eine achtköpfige Familie betroffen ist, die in einer Stunde nach Thüringen weiter will, sind wir mit unseren Vorräten sowie logistisch überfordert. Ich gebe Cortisonsalbe mit, damit es nicht so arg juckt, die Kleiderkammer gibt Wollmützen aus, um die Viecher nicht von Kopf zu Kopf springen zu lassen, ansonsten Infozettel in Deutsch und in Farsi – die älteste Tochter kann das lesen, die andern nicht.
   
         
    Schulbildung ist in vielen Gegenden Afghanistans ein Riesenproblem und mit ein Fluchtgrund:    

   
Das Schulbild find ich so Klasse, das musste nochmal rein.    
   

 

   
    Wirksam können Krätze wie Läuse erst am Zielort behandelt werden, weil man danach duschen sowie die Kleidung wechseln und waschen muss, mit Glück also am Abend in irgendeiner Notunterkunft …    
         
Zur Erinnerung:  

Für unsere Arbeit brauchen wir noch jede Menge Spen-den:
Empfänger: Paritätischer Wohlfahrtsverband
Stichwort Flüchtlingshilfe
IBAN DE07 2512 0510 0007 4018 00
(Bank für Sozialwirtschaft)

Der gibt das direkt für die Tagesaufenthaltsstättte Bie-berhaus für Transitflüchtlinge aus, für die vier Festange-stellten (nicht für mich, ich krieg ja meine Rente), für die erheblichen Infrastrukturausgaben und last not least für die Medikamente in unserer Medizinstation.

   
   

Ausnahme:
Sie/Ihr habt das Geld schon für eigene Flüchtlinge ver-plant, die Ihr betreut – denen will ich ja nix wegnehmen.

   
       
    Bis demnächst !    
         
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Letzte Änderung:
31/12/17


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