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"Containertagebuch 28 b"

Berichte
des Norderstedter Hausarztes
Ernst Soldan über seine Arbeit
mit Geflüchteten und Obdachlosen

   
   
   
   

Bericht des Dannenberger Arztes Ijos Bietzker

   
         
Idomeni/Polikastro,
Donnerstag,
den 7.4.2016
 

Heute stand der Tag unter dem Zeichen der Verbrennungen, der chronischen Krankheiten wie Diabetes und Asthma. Mehrere ältere Menschen hatten BZ-Werte kurz vor 500. Wir konnten das nicht behandeln und haben direkt zu den Ärztecontainern weitergeschickt. Hoffentlich sind alle dort behandelt worden.
Vorgestern wurde ein Mädchen mit großflächigen infizierten Verbrennungen der Beine ins Krankenhaus gebracht – ohne Erfolg. Sie kam gleich ohne jegliche Maßnahme wieder zurück ins Camp. Da wir sie heute nicht finden konnten, werden wir uns morgen drum kümmern.
Die alten Menschen mit dem unbehandelten Diabetes haben große Angst daran zu sterben.
Wir versuchen zu trösten wo wir können – und zu behandeln. Aber manches sprengt einfach unseren Rahmen.
Dafür gelang uns heute die Behandlung von Herpes am Auge.
Ein 15 Tage altes winziges Mädchen wurde zu uns gebracht. Ansonsten Husten, Husten, Husten, Halsschmerzen, Halsschmerzen. In der staubigen verqualmten Luft kein Wunder.
Es ist immer wieder erstaunlich wie die Menschen das aushalten. Wie kann man ihnen so ein Leben zumuten? Wieso wird weggesehen, wenn es um die Not der Menschen geht.
Heute wurden übrigens Orangen, Bananen und Schokolade verteilt. DANKE ALLEN SPENDERINNEN.

   
   

 

   
   

OPEN THE BORDERS NOW!

   
   

 

   
Sonntag, 10.4.2016,
Idomeni
 

Alle meine Fotos, die ich von der Situation in Idomeni gemacht habe sind zerstört, gelöscht – was weiß ich. 46 Stück insgesamt von Verletzten, von von Tränengas getroffenen Kindern, von riesigen Hartgummigeschossen, von über griechisches Gebiet fliegenden macedonischen Kampfhubschraubern, von Tränengasgeschosstreffern inmitten der Zelte – weitab der macedonischen Grenze.

Ich hab’s alles dokumentiert in den kurzen Momenten, wo keine Verletztenversorgung notwendig war. Weg, einfach weg. Ich bin fassungslos. Auf meinem Handy Fotos davor und danach, Videos davor und danach – harmlose eben, von einer Entzündung am Fuß, von unserer sich ständig wandelnden „Sanitätsstation“, wenn man eine Decke auf dem Boden, viele Flaschen Wasser, die anästhesierenden Augentropfen, das Asthmaspray und die Tropfen in der Spritze als Sanitätsstation bezeichnen kann. Apropos, mein wertvolles Bergetuch ist weg. Kann jemand ein neues (gebrauchtes) aus Deutschland mitbringen?

   
   

 

   
   

Die Situation in Idomeni war entsetzlich. Zerschlagene Menschen, von brutalen Gummigeschossen getroffene Menschen und Tränengas überall. Tränengas zunächst an der Grenze eingesetzt, später auch mitten zwischen die Zelte geschossen – entsprechend dann auch viele betroffene Kleinkinder und Säuglinge. Ich hab’s dokumentiert – die Fotos sind von Zauberhand gelöscht, geschwärzt, gewasweißicht.

Ich hatte die Gasmasken und den Helm zu Hause in Deutschland gelassen, wollte mich hier um die hygienischen Bedingungen der Flüchtenden kümmern, um Ernährung, um die kleineren medizinischen Problem, die man in der Kofferraumsprechstunde lösen kann.
Die vorgefundene Situation ist eine andere. Gefragt ist auch die größeren medizinischen Probleme aus dem Kofferraum zu lösen, am besten eine ganze Apotheke vorzuhalten, weil es einiges an Medikamenten in Griechenland nicht gibt – und mitten in einen Kampf zu geraten, Soldat (oder ist es eine Polizeieinheit der Macedonier, die so gemeingefährlich agiert?) gegen Flüchtenden. Soldat gegen Flüchtlingskind. Soldat gegen Flüchtlingssäugling. Noch nie in meinem Leben musste ich Säuglinge behandeln, die Tränengas abbekommen haben – entsetzlich.
Und ich bin einiges gewohnt aus 19 Jahren Castorwiderstand.

   
   

 

   
   

Wer auch immer versucht das Geschehene unsichtbar zu machen – ich bin sicher es haben viele versucht zu fotografieren – zumindest musste ich auch einen Pressefotografen behandeln – und es gibt Fotos – auf Kameras, Speicherkarten. Ob ihr meine löscht oder nicht.
Wer kann postet bitte seine Fotos von der Situation in Idomeni:
https://www.facebook.com/joost.rot?fref=nf

   
         
   

Spenden:
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BIC: GENODEF1CLZ
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Verwendungszweck:
Spende Flüchtlingshilfe Joost

   
         
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Letzte Änderung:
31/12/17


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