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"Containertagebuch 37"

Berichte
des Norderstedter Hausarztes
Ernst Soldan über seine Arbeit
mit Geflüchteten und Obdachlosen

   
   
   
13.8.16  

Heut geht’s hier ausnahmsweise vollkommen unmedizinisch zu. Unsere Bieberhausgruppe, die sich real per Stammtisch (Donnerstag oder Freitag 20:00 „Karatren“ am Hauptbahnhof) oder virtuell per Facebook trifft, hat zu einem Arbeitseinsatz bei Hanseatic Help aufgerufen – ein paar Kilometer östlich und einige Jahrzehnte zurück hätte man diese Aktion als Subbotnik bezeichnet.
Was bisher d. h. seit Oktober 2015 passiert ist findet Ihr in den bisherigen Tagebüchern, s. u. im Inhaltsverzeichnis.

Gegen 12:00 finden sich zwei Dutzend Mitbieber unterschiedlichster Nationalität in den Hallen der Großen Elbstraße 265 ein (Bus 111/112 bis Elbberg, dann die Treppen runter). Ein Projekt, das vor einem Jahr als Kleiderkammer für Geflüchtete in den Messehallen seinen Anfang nahm und zeitweise einen zweistündigen Verkehrsstau von Abgabewilligen auslöste. Von den damals über tausend Helfer/innen ist ein harter Kern von weniger als hundert geblieben, die regelmäßig kommen, das führt gelegentlich zu Engpässen – wenn z. B. Lastwagen be- oder entladen werden müssen, insofern sind Spontanhelfer/innen jederzeit willkommen. Wobei sämtliche Beteiligten ehrenamtlich tätig sind.

   

   
    Blick aus der Außentür. Die Container haben ausnahmsweise nix mit Hanseatic Help zu tun.    
   

 

   
   
    Einführung    
   

 

   
   
         
   
    Pausenecke, 1. Stock    
   
         
   

Ich muss jetzt gestehen, dass ich von Kleidung keine Ahnung habe, wenn man davon absieht, dass ich gelegentlich welche zum Eigenbedarf kaufe, was infolge unterentwickelten Modebewusstseins eher selten passiert.
Meine Aufgabe besteht erstmal darin, eine Kiste mit unterschiedlichsten Männerklamotten auszupacken, zu prüfen und nach Größe und Artikel in andere Kisten umzusortieren.

   
         
   
   

Also etwa eine Hose.
—   Ist sie sauber und heil?
Wenn nein: ab in den Kleidermüllsack.
W obei bestimmte Löcher mode- und nicht verschleißbedingt sind, da muss ich dann nachfragen.
—   Funktioniert der Reißverschluss bzw. sind die Knöpfe dran?
—   Sind die Taschen leer?

Wobei bei diesen Spenden nur wenig Ausschuss ist. Auch werde ich den ganzen Tag nur in drei Taschen fündig: Eine Packung Tempos, einen Kugelschreiber, der nicht mehr schreibt und eine unbezahlte Schneiderrechnung.
Letztere gibt mir Rätsel auf, ich zeige sie meiner Nachbarin, Anwältin aus Damaskus, und frage sie, ob sie sich erklären kann, wieso jemand eine Jeans, für die ich unbesehen neu vielleicht 50 € bezahlt hätte, für 55 € ändern lassen will ?
Sie zeigt auf ein kleines Markenschild: Levis. „Für so eine Markenjeans bezahlt man über 100 €!“ Wieder was gelernt.

An der geschlossenen Hose wird die Bundweite bestimmt anhand dieser Messlatte …
   
   
   

… in diesem Fall eine Anzughose, damit kommt sie in die Kiste zu den Anzügen (Hosen, Sakkos und Westen zusammen), Größe S.

Mit den Sakkos und Anzugwesten ist das etwas schwieriger, da haben wir keine Messlatten, die Größenschilder fehlen meistens – im Zweifelsfall versucht man sich das Ding selber anzuziehen oder dem Nachbarn.
Bei mir kann ja alles, was passt, nur XXL sein …

   
         
   
         
   

Manchmal ist auch Oberbekleidung in den Spendenkartons, dann muss man um den Tisch laufen.

Eine Kiste, die randvoll ist, wird in einen der Versandkartons geleert, dazu muss jedes Einzelstück gezählt werden. Ich verzähl’ mich mehrmals und muss noch mal auspacken.

Aber irgendwann isses geschafft.
   

 

     
         
    Ein paar Meter weiter wird der Kartoninhalt eingescannt, das überlasse ich den Computerprofis.    
       
         
   

Zu Messehallenzeiten wurden nur die Hamburger Flüchtlingscamps versorgt. Inzwischen werden die Spenden auch an Obdachloseneinrichtungen, Frauenhäuser und in die Camps auf Sizilien und in Griechenland geschickt, wo Zehntausende Menschen aufgrund der verantwortungslosen EU-Abschottungspolitik unter elendigsten Bedingungen dahin vegetieren. Ende des Monats geht wieder ein Transport nach Sizilien ab, mehr dazu auf der Homepage von Hanseatic Help http://www.hanseatic-help.org/.

Eine Regel gibt es, neben der Ehrenamtlichkeit sämtlicher Helfer: Spenden werden nur an Einrichtungen abgegeben, die die Kleidung selber kostenlos abgeben – Verkaufen ist strengstens verboten! Damit soll verhindert werden, dass der einheimischen Textilwirtschaft in den armen Ländern geschadet wird.

Wie eingangs erwähnt, sind neben Kleider- und Geldspenden vor allem helfende Hände jederzeit herzlich willkommen, Vorkenntnisse braucht es nicht. Mittwoch ist Ruhetag, die restliche Woche incl. Wochenende ist von 10 bis 20 Uhr geöffnet, außer der o. g. Busverbindung kommt man auch mit der Hadag-Fähre Nr. 62 (nach Finkenwerder/HVV-Tageskarten gelten) über Anleger Dockland/Fischereihafen gut hin.
Telefon: +49 40 21 09 190 70
Email: info@hanseatic-help.org

Der nächste gemeinsame Einsatz unserer Biebertruppe ist am Samstag 10.9. ab 12 Uhr, vermutlich wieder mit anschließendem Grillen.
   
         
   
         
   
         
   
       
   

Bis demnächst!

   
   

 

   
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Letzte Änderung:
31/12/17


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