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"Containertagebuch 43 d"

Berichte
des Norderstedter Hausarztes
Ernst Soldan über seine Arbeit
mit Geflüchteten und Obdachlosen

   
   
   
   

Liebe Tagebuch-Fans,
nach unserer Papstreise gab es auch Kritik an diesem Projekt, zum Beispiel diese:

   
   

Der argentinische Papst ist ein guter Schauspieler, lädt Obdachlose zu sich nach Rom ein. Was hatten diese Menschen von dm Papstbesuch? Sind danach weiterhin obdachlos in Hamburg, das noch in einem kalten Winter hier. Alles nur Show. der Kirche …

   
   

Danke für die Kritik. Dies sind meine Gedanken dazu:
Die meisten Obdachlosen, die dort waren, haben inzwischen einen Platz im Winternotprogramm. Das war ein positiver Nebeneffekt, dass die Leute sich im Vorfeld, auch in Zusammenarbeit mit Betreuern wie von „Hinz und Kunzt“ oder von der Caritas, um solche Plätze bemüht haben (schon um fit genug für die Reise zu sein) und eben nicht die kommenden Winternächte draußen verbringen müssen. Eine Ursache der Obdachlosigkeit ist ja auch, dass die Leute nichts mehr auf die Reihe kriegen, weil sie kein Selbstbewusstsein mehr haben. Und das haben die, die beim Papst waren, jetzt auf jeden Fall.

   
   

Am Sonntagabend sind 70 Hamburger Obdachlose und ihre 30 Begleiter nach ihrer Reise zum Papst wieder in Hamburg gelandet. Zuvor hatten sie auf Einladung von Franziskus einen Gottesdienst im Petersdom in Rom gefeiert und zusammen mit Tausenden anderen Gläubigen beim Angelus-Gebet den Segen des Pontifex erhalten.
„So etwas zu erleben ist einmalig“, sagte einer der Obdachlosen nach der Ankunft am Hamburger Flughafen. Stephan Karrenbauer vom Hamburger Straßenmagazin „Hinz und Kunzt“ fasste zusammen: „Die Leute gehen jetzt alle gerade, keiner geht mehr gebückt.“
Zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit waren insgesamt knapp 4.000 Obdachlose, ehemalige Wohnungslose und Arme aus 21 Ländern auf Einladung des Papstes nach Rom gekommen. Am Sonntag hatte sich Franziskus bei der Messe im Petersdom direkt an sie gewandt: „Mit eurer Anwesenheit helft ihr uns, uns auf die Wellenlänge Gottes einzustellen und das in den Blick zu nehmen, auf das er schaut.“

   
    Der Link zum ganzen NDR-Text ist leider
mittlerweile nicht mehr existent [Red., 7.12.17]
   
         
    Noch eine Sache habe ich klären können, die mir seit der Wahl von Franciscus durch den Kopf gegangen ist. Nach dieser Wahl gab es Kritik am neuen Papst, er hätte während der Militärdiktatur als Oberhaupt der argentinischen Jesuiten die Verhaftung zweier Mitbrüder verschuldet. Dazu hatte ich ein intensives Gespräch mit dem Jesuitenpater, der uns begleitet hat und der sich aus persönlichen Gründen ausführlich mit dieser Frage beschäftigt hat.    
    Die argentinische Militärdiktatur 1976-1983 war eine der brutalsten in Lateinamerika. Über 30.000 Menschen wurden ermordet, zum Teil wurden ihre Leichen über dem Atlantik aus Flugzeugen abgeworfen, so dass niemand weiß wo sie geblieben sind. Von denen, die verhaftet wurden, kamen die wenigsten zurück.
Es gab wohl im Vorfeld einen politischen Konflikt zwischen Pater Bergoglio, dem späteren Papst, und den beiden Betroffenen, deren Verhaftung hatte aber nichts mit diesem Konflikt zu tun. Danach bemühte er sich intensiv und vor allem „hinter den Kulissen“ um die Freilassung der beiden, letztendlich erfolgreich, so dass sie entlassen wurden und außer Landes gehen konnten.
Darüber hinaus habe er anderen Oppositionellen, zum Teil recht trickreich, zur Flucht verholfen, und hatte auch später, als Erzbischof von Buenos Aires, die in den Armenvierteln aktiven Priester unterstützt, wo er konnte.
   
         
    Ich selber habe mich bei der Begegnung unserer Mitreisenden mit dem Papst zurückgehalten und habe mich nicht in seine Nähe gedrängt, da als Betreuer nur in einer „Nebenrolle“ anwesend. Wäre ich ihm persönlich gegenüber gestanden, hätte ich in etwa gesagt, dass ich zwar begrüße, dass er Flüchtlinge aufgenommen hat und dazu aufruft, dass auch andere das tun, aber dass er mehr Druck auf die Politiker ausüben könnte, die sich christlich nennen, aber die Geflüchteten aussperren und in den Lagern von Griechenland und Sizilien ihrem Elend überlassen. Und wenn sie, wie z.B. die katholischen Herren Seehofer und Kurz (österreichischer Außenminister), das nicht tun, dann auch mit dem Knüppel der Exkommunikation drohen.
   

 

 

Aber das wär’ wohl vermessen gewesen.

   
       
   

Bis demnächst!

   
   

 

   
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Letzte Änderung:
31/12/17
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