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  "Containertagebuch 67"

Berichte
des Norderstedter Hausarztes
Ernst Soldan über seine Arbeit
mit Geflüchteten und Obdachlosen

   
   
   
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Norderstedt, Dezember 2019

Immer wieder erlebe ich, dass ehemals Geflüchtete, die jetzt ein permanentes Bleiberecht haben oder sogar schon die deutsche Staatsbürgerschaft, "Urlaub" in ihren Herkunftsländern machen, auch wenn aufgrund der Kriegsgefährdung deutscherseits im Regelfall nicht oder nur unter massivsten Protesten abgeschoben wird, wie Afghanistan oder Irak. Und dass sie im Regelfall auch wieder heil zurückkommen. Natürlich habe ich das bisher nicht weitererzählt, denn es wäre Wasser auf die Mühlen sämtlicher Rassisten:

"Was ? Die machen Urlaub dort? Dann kann das dort ja nicht so gefährlich sein, dann kann man ja ruhig nach Afghanistan abschieben. Von wegen unsicheres Kriegsland."

Ich hab's jetzt doch mal berichtet, auf einer Veranstaltung über Afghanistan. Eine Spezialistin, die dort längere Zeit gelebt hat und z.B. dem Schicksal Abgeschobener nachgegangen ist, hat mir dazu folgendes erklärt:

Verwandtenbesucher und Ausgewiesene/Abgeschobene sind zwei vollkommen unterschiedliche Menschengruppen. Die Besucher bringen Geld und Geschenke mit, haben schon in der Vergangenheit ihre Familie unterstützt und werden dies weiterhin tun. Sie ermöglichen vielen Angehörigen im Land überhaupt eine wirtschaftliche Existenz.


Es gibt viele Länder, da kommt durch Verwandtenüberweisungen u.a. mehr Geld ins Land als über die Entwicklungshilfe . Afghanistan gehört dazu (siehe hierzu den Spiegel).

Die Besucher/innen kommen deshalb in feste Häuser, vorzugsweise in Kabul, und werden mit den vereinten Kräften des Familienverbands abgesichert. Diese Häuser verlassen sie nur selten, und dann unter - oft bewaffneter - Bewachung. Vielleicht nicht so martialisch wie Herr de Maiziere, aber wirksam trotzdem.
 
       
   

Zumal sie sich bemühen, nicht aufzufallen, und somit sicherer sind als z.B. ein Bundeswehrsoldat, der sich dort aufhält und aufgrund seiner Aufgabe auffallen muss. Oder Botschaftsangehörige, die auf dem Präsentierteller sitzen. Hingegen sind die Besucher unauffällige Ehrengäste. Und ihr Schutz wird fortgesetzt, bis sie wieder im Flieger nach Hause, sprich Deutschland, sitzen. Schließlich will man ja noch etwas von ihnen haben.
 
Ganz anders die Deportierten. Die meisten Euro oder Wertgegenstände hat ihnen die Ausländerbehörde schon abgenommen. Den Rest verlieren sie an Kriminelle oder an Hotelvermieter, denn auf ein verwandtschaftliches Netzwerk können die wenigsten zurückgreifen.  
Ihre Abschiebung demonstriert, dass sie gescheitert sind. Niemand profitiert von ihnen. Oft waren sie lang nicht mehr im Land, kennen sich da wo sie jetzt sind nicht aus, oder der Ort, den sie kannten, hat sich vollkommen verändert, ist beispielsweise durch Bomben zerstört. 
 
Oft verliert sich ihre Spur, vereinzelt werden Suizide bekannt, wahrscheinlich gibt es dabei eine hohe Dunkelziffer. Die Abschiebung oder "freiwillige" Ausreise ist oft ein Todesurteil.

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Letzte Änderung:
13/12/19
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